Sonntag, 29. August 2010

Eine Ramadan-Rundreise durch Berlin

Mehr als die Hälfte des Ramadan ist vorbei. Ich habe langsam das Gefühl diese wertvolle Zeit rennt förmlich davon, ohne dass ich sie so nutze wie es ihr gebührt. Deshalb muss die Uni-Hausarbeit nun wirklich mal fertig werden, sodass die letzten zehn Tage - die wertvollsten des Ramadan - intensiver genutzt werden können. Segensreich war der Ramadan bis jetzt auf alle Fälle. Nour und ich haben tatsächlich fast jeden Abend das Iftar-Essen und das Tarawieh-Gebet an einem anderen Ort verbracht. Und so sah unsere Route aus:

1. Tag: Sehitlik Moschee
--> Wir verschaffen uns das Recht die Tarawieh-Gymnastik auf der Tribüne im Hauptraum und nicht im "Frauenkeller" zu beten - bei dieser Moschee ein toller Anblick!

2. Tag: Bei uns zu Hause
--> wir haben zwei ausländische Doktorandinnen aus der Türkei und Algerien eingeladen, die wir zuvor in der Sehitlik-Moschee getroffen haben

3. Tag: Deutschsprachiger Muslimkreis Berlin
--> eine besonders herzliche Atmosphäre mit Muslimen, deren Ursprung in aller Welt liegt

4. Tag: Sufi-Zikr bei einer Schwester zu Hause
--> Nahrung für den Körper (sehr lecker) und die Seele (wohltuend)

5. Tag: Indonesische Moschee
--> Wir werden sehr herzlich empfangen und aufgenommen und fühlen uns gleich pudelwohl. Ich versuche meine dürftigen Sprachkenntnisse zu nutzen und lerne meine zukünftige Tandempartnerin kennen.

6. Tag: Pakistanisches Restaurant Zam-Zam
--> Spontane Aktion - wie immer lecker! Eine französische Erasmus-Studentin begleitet uns, die Nour zuvor zufällig auf der Straße aufgegabelt hat, als die Französin sie fragte, wann die Iftar-Zeit war. Wir verbringen köstliche Stunden miteinander.

7. Tag: Dar-us-Salam
--> Laute Kinder, fleischiges Essen. Uns schmeckt es! Und weil unsere liebe Französin wieder dabei ist, machen wir einen kleinen Verdauungsspaziergang zur schönen Sehitlik-Moschee


Danach teilten sich für ein paar Tage unsere Wege, und meiner ging so weiter:

8. Tag: zu Hause bei meiner Familie in der Nähe von Bielefeld
--> Mama und ich kochen was das Zeug hält. Nur: wir wussten nicht, dass unsere Gäste so wenig essen...es bleibt Essen übrig. Stapelweise.


9. Tag: bei der Familie meiner Mitbewohnerin Fatima in Bielefeld
--> Wir bringen unser Essen von gestern mit, was zusammen mit dem Mahl unserer Gastgeber eine riesige köstliche Tafel hervorzaubert. Fatima fliegt am nächsten Tag nach Amerika und ist ganz aufgeregt. Ich leiste ihr die Nacht über Beistand.

10. Tag: bei Zahra zu Hause in Hannover 
--> Zahra hat leckere Pfannkuchen gemacht. Ochringas nennen sie die Berber, angeblich spanisch (sagt Schihas ;-)). Wir beten und Essen im Garten, ein tolles Gefühl.


11. Tag: Pakistanische Moschee in Hannover
--> Das Essen ist knapp, aber es reicht. Wir bleiben die Nacht über auf, Sanaa hat sich für die Gruppe ein spirituelles Qiyam-Programm überlegt. Wir alle sollen ein Gedicht oder Bittgebet über unseren persönlichen Ramadan schreiben. Als sie in der Runde vorgelesen werden, kommt Gänsehautstimmung auf.



12. Tag: bei meinem Onkel in Hamburg
--> Mein Onkel Ahmed kann super kochen! Und mein Cousin Dean könnte ich gleich mit verdrücken, so süß ist er.


Und jetzt geht es wieder mit Nour weiter - ich bin zurück in Berlin

13. Tag: bei Philine zu Hause
--> Ich beobachte, wie aus einem Schreibtisch ein leckeres Buffet werden kann. Nours Lasagne ist toll. Philines Kaffee auch. Und die Mädels sowieso.

14. Tag: Dar-us-Salam
--> ein inniges Gebet!

15. Tag: bei Meryem zu Hause
--> Lecker Tortellini mit Lachssauce! Dazu ein sehr schönes Haus und eine heimelige Atmosphäre. Meryems Schwester ist aus Kolumbien zu Besuch. Als wir beten wollen, zieht sie sich ein Kopftuch an und betet einfach mal mit, um zu schauen wie es ist. Sie hat etwas im Herzen gespürt, sagt sie hinterher.


16. Tag: bei uns zu Hause
--> Leicht versalzene Lasagne und Muffins vom Vortag und ganz liebe Schwestern dazu

17. Tag: Indonesische Botschaft
--> Super (scharfes) Essen, Indonesier, die mich herzlich aufnehmen und ein kleiner Vortrag über die Bedeutung der Sure Al-Fatiha (wird mir zum Glück übersetzt). Sehr interessant!

18. Tag: Bosnische Moschee
--> Jugendiftar! Auch eine coole Idee.

19. Tag: bei uns zu Hause
--> Nour ist kalt. Wir bleiben zu Hause und machen uns ein gemütliches Iftar mit Kerzenschein und Kaffee.

20. Tag: bei uns zu Hause
--> Eine gute Freundin ist zu Besuch. Tiefe Diskussionen, innige Gespräche bis in die Nacht hinein folgen daraus.

21. Tag: bei Steffi
--> Steffi ist zweifelsohne eine tolle Köchin! Zartes und gleichzeitig gut gewürztes Gemüse mit Hühnchenfleisch auf einem großen Tablett, von dem wir alle zusammen dippen. Wir sind begeistert! Dazu die Geschichte einer konvertierten Schwester...herzerfrischend! Ach ja...und mein Käsekuchen aus dem Gasherd, dessen heiße Flamme alles verbrennen lässt :-/.

22. Tag: bei Gülcin
--> altvertraute Mädelsrunde mit altbewährter Vorstellungsrunde. Wir sind kurz vorm Platzen nach dem leckeren Essen, das Gülcin und ihre Mutter hervorgezaubert haben. Asiatische Nudeln, türkische Dolma, köstlicher Reis und jede Menge Kuchen. Ja...auch mein Zupfkuchen ist - wie könnte es anders sein - ein bisschen verbrannt. Aber jetzt hab ich es raus - Blech einfach ganz oben reinschieben! :-)

23.-25. Tag: Tage und Nächte in der Moschee

...Fortsetzung folgt.

Ich muss sagen, solche Rundbesuche sind eine tolle Erfahrung! Immer wieder haben wir sehr liebe Geschwister aus aller Welt kennengelernt, die uns manchmal ein Stück des Weges begleitet haben, mit denen man Kontaktdaten austauscht, die inspirieren, dazulernen lassen, bereichern. Ich fühle mich plötzlich den Muslimen dieser Welt so verbunden, spüre ein tiefes, zufriedenes Umma-Gefühl bei so viel Herzlichkeit und Freundlichkeit. In dieser Sache wünsche ich mir, dass das ganze Jahr über Ramadan ist, dieses Gefühl in den Herzen bewahrt bleibt.

1 Kommentar:

  1. As salamualaikum liebe Schwester,
    maschallah dein Beitrag hat mich sehr bewegt. Leider ist unsere Ummah hier in Bayern nicht sehr aktiv bzw. gibt es nicht wirklich viele Möglichkeiten wo man als Schwester mit anderen Schwestern gemeinsam Iftar machen kann. Inschallah schreibst Du bald noch mehr. Wünsche Dir noch einen gesegneten Ramadan.

    wa salam

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